Rezensionen


Rezension von Kurt Lachmann, erschienen im "ad astra" Begleitheft zur Astronomiebörse ATT 2004 in Essen (mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers).



Die Bode'schen Sternkarten waren mir bislang nur in farbiger Aufmachung bekannt, wie sie vor Jahren bei einem mir nicht bekannten Verlag veröffentlicht wurden. Welche Überraschung, sie in dem vorliegenden Buch in schwarz/weiß (nach dem Heidelberger Original) zu finden. Aber, das zeigt ein direkter Vergleich, so sind sie erheblich besser zu „lesen“ als die kolorierten Reproduktionen. Die Details sind viel besser zu erkennen, wodurch das Betrachten dieser wunderschönen „Bilder“ m. E. viel leichter fällt.

Macht schon der Anblick dieser historischen Sternkarten in Originalgröße Freude, mit denen ja damals auch wissenschaftlich gearbeitet wurde, so wird die Lektüre der enthaltenen Gebrauchsanweisung und der Beschreibung von Sternbildern, Planeten und auch „vornehmsten Nebelflecke u. Sternhäuflein“ zum echten Lesespaß. Herrlich, diese altertümliche Ausdrucksweise und auch die Rechtschreibung. Eine Leseprobe? Bitteschön: „Für verschiedene Besitzer dieses Werks möchte wol, das griechische Alphabet mit der Aussprache der Buchstaben herzusetzen, nicht überflüssig seyn.“ Alles übrigens auf eine gut leserliche Schrift umgesetzt. Die seinerzeit von Bode erstellten Tabellen über alle enthaltenen 5.058 Sterne hat man sinnvoller Weise weg gelassen, da veraltet.

Der wissenschaftliche Nutzen dieses liebenswerten Buches ist heutzutage naturgemäß als unbedeutend zu beurteilen. Wer sich jedoch historisch mit der Astronomie auseinandersetzt, findet in diesem Werk eine wahrhaft meisterliche Bereicherung nicht nur für den Bücherschrank.

K. Lachmann,/ VVA-Essen e.V.


Rezension von Wolfgang Steinicke erschienen in der Ausgabe 2/2004 des VdS-Journals (mit freundlicher Genehmigung des Autors).



Johann Elert Bode, Vorstellung der Gestirne auf XXXIV Tafeln
Bearbeitet von Th. Rivinius und H. Mandel,
Astaria Verlag, Heidelberg 2003, 128 Seiten, 79 EUR

Wir erinnern uns, früher gab es Jäger und Sammler. Die älteren unter uns können sich sicher noch an einen besonderen "verlorenen Schatz" erinnern: die farbigen Sternkarten aus dem Atlas von Johann Elert Bode, herausgegeben von Hans Vehrenberg. Ab Mitte 1972 waren sie der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" zum Sammeln beigelegt (vgl. SuW 5/1972, S. 119). So häufte sich mit der Zeit ein Stapel historischer Karten mit wunderschönen Sternbilddarstellungen an. Es gab sie später auch in gebundener Form.

Wer sich daran erinnert, den wird die Ende 2003 erschienene Neuauflage der Bode'schen Tafeln von 1782 besonders freuen. Der Einband ist in edlem Dunkelblau gehalten - das war es in punkto Farbe aber auch schon: die farbenfrohe Darstellung der SuW-Beilage ist nüchternen Grautönen gewichen. Das hat aber seinen guten, historischen Grund. Die Originalvorlage, ursprünglich im Besitz der großherzoglichen Mannheimer Sternwarte und heute ein wohlgehüteter Schatz der Landessternwarte Heidelberg, ist eben nicht farbig. Die Karten wurden erst später handkoloriert - und dabei ist einiges an Bildinformation auf der Strecke geblieben. Wer mehr über die interessante Geschichte dieses Werkes erfahren möchte, sei auf die Internetseite der Landessternwarte www.lsw.uni-heidelberg.de/foerderkreis/bode verwiesen.

Herausgeber und Verlag haben es mit großer Sorgfalt und aufwändiger Technik geschafft, dieses klassische Werk der Himmelskartographie möglichst originalgetreu zu reproduzieren. Ist es demnach nur etwas für Astronomiehistoriker? Eines ist sicher klar: In Konkurrenz mit modernen Sternatlanten schneiden Bodes Tafeln, was den Nutzen für die praktische Beobachtung betrifft, natürlich schlecht ab: zu wenig Sterne (überdies "zackig"), kaum Deep-Sky-Objekte, störende Sternbildfiguren und vieles mehr. Überflüssiger Schnickschnack ist heute "out", nur die reine Sachinformation zählt und hier muss, was die Quantität angeht, geklotzt werden. Wo bleibt aber angesichts der heutigen Objektinflation die Phantasie? Natürlich auf der Strecke!

Zum Glück gibt es Bücher wie dieses, das vergangenes, oftmals allzu gut konserviert Wissen vor dem Vergessen rettet. Für chronische Nostalgiker ein Muss, und für gestresste Deep-Sky-Beobachter ein Quell der Ruhe und Entspannung. Wer sich die Zeit nimmt, für den sind die 34 Tafeln eine wahre Fundgrube: verlorene Sternbilder, Uranus (als 34 Tau an der Position von 1690 eingetragen), Kometen, veränderliche Sterne, Doppelsterne, Supernovae, Sternhaufen, rätselhafte Nebelflecken und vieles mehr.

Der Preis des Buches ist recht hoch, aber die Leistung stimmt. Außerdem kommt ein Teil des Erlöses dem "Förderverein Landessternwarte Heidelberg e.V." zu Gute, der nicht nur dafür sorgt, dass die Bibliothek erhalten bleibt, sondern auch die vielen historischen Instrumente an der einstigen Wirkungsstätte von Max Wolf.

Wolfgang Steinicke


Rezension von Dr. Oliver Dreissigacker erschienen in der Ausgabe März 2004 von Astronomie Heute (mit freundlicher Genehmigung der Redaktion).



Lebendige Geschichte
Haben Sie beim Aufschlagen eines Astronomiebuchs schon einmal eine Gänsehaut bekommmen? Nein? Ich bisher auch nicht. Bis zu diesem Werk. Denn hier handelt es sich um eine Reproduktion des Sternatlas aus dem goldenen Zeitalter der Himmelskartografie. Veröffentlicht wurde er ursprünglich im Jahr 1782 vom damaligen »Rechner« an der Sternwarte der Berliner Akademie, Johann Elert Bode. Durch sein Abstandsgesetz der Planeten errang er Ruhm weit über seine Zeit hinaus und wurde 1787 zum Leiter der Sternwarte berufen.

Der Atlas erschien seinerzeit in deutscher und französischer Sprache und fehlte wohl in keiner bedeutenden Observatoriumsbibliothek. So auch nicht in der kurpfälzischen Hofsternwarte in Mannheim, deren Leiter Christian Mayer, der Entdecker der Doppelsterne, ein Jahr nach Erscheinen des Buchs verstarb.

Nach der Zerschlagung der Kurpfalz durch Napoleon zog die Sternwarte zunächst nach Karlsruhe um - und mit ihr dieser Atlas. Knapp hundert Jahre später ging es wieder zurück in das vormalige Kurfürstentum. Heute ist das Observatorium als Landessternwarte Heidelberg-Königstuhl bekannt.

Zwei ihrer Wissenschaftler nahmen sich des Werks an und und fassten die Sternkarten sowie die »Anweisung zum Gebrauch derselben« zu einem Band zusammen. Herausgegeben wird diese Neuauflage vom Astaria Verlag in Heidelberg, deren Leiter - selbst promovierte Astronomen - sich auf »erzähltes Wissen« spezialisiert haben.

Bereits das Originalvorwort von Johann Elert Bode liest sich Ehrfurcht gebietend und lädt den Leser ein, die Kupferstichkarten genauestens zu durchstöbern. Stößt man dort doch auf eine ansehnliche Zahl von »ausgestorbenen Sternbildern« wie das Rennthier, Antinous oder das Lineal. Illustrationen geben Aufschluss über die mythologischen Ursprünge der Konstellationen, wie beim Schützen und dem Centaur.

Somit ist das Werk natürlich nicht für den heutigen Einsatz am Fernrohr geeignet, sondern vielmehr zum astronomischen Geschichtsstudium in der warmen Stube.

Oliver Dreissigacker


Rezension von Prof. Peter Brosche (Bonn) erschienen in der Ausgabe 2/2004 von Sterne und Weltraum (mit freundlicher Genehmigung der Redaktion).



Johann Elert Bode: Vorstellung der Gestirne auf XXXIV Tafeln
Einführung und Bearbeitung von Th. Rivinius und H. Mandel
Astaria Verlag, Heidelberg 2003. 128 Seiten. Gebunden 79 Euro.
ISBN 3-936 765-06-5.

Ältere Abonnenten dieser Zeitschrift werden sich noch daran erinnern, farbige Blätter mit historischen Sternkarten als Beilage erhalten zu haben. Es handelte sich dabei um Sonderdrucke aus einer Reproduktion des »kleinen« Himmelsatlas von J. E. Bode, den dieser unter dem Titel »Vorstellung der Gestirne auf XXXIV Kupfertafeln usw.« erstmals 1782 und dann wieder 1805 in 2. Auflage erscheinen ließ. Dr. Hans Vehrenberg hatte in SuW 11/ 1972, S. 119, diese freundlichen Gaben angekündigt und brachte 1973 auch den gesamten Wiederabdruck heraus. Nach dem Vermerk an seinem Ende sollte er einer der ersten Ausgabe sein. Das war er aber nicht.

Diedrich Wattenberg hat in dem Heft Sternzeiten I (1977) zum 275. Jubiläum der Berliner Sternwarte eine eingehende Darstellung von allen Sternkarten Bodes gegeben. Danach ist die Vehrenbergsche Vorlage weder die erste noch die zweite Auflage gewesen, sondern eine Mischform. Erklären lässt sich so etwas durch die Kostbarkeit der Kupfertafeln, sowohl wegen ihres Materials als der in ihnen investierten Arbeit des Stechers: Wenn es irgend ging, wurde umgearbeitet und nicht neu gestochen. Bei den ohnehin kleinen Auflagen konnte dann schon mal nebenher eine Zwischenstufe abgezogen werden.

Bode war zu seinem Atlas durch ein ähnliches Werk des Pariser Astronomen Fortin angeregt worden, der seinerseits eine verkleinerte Ausgabe der großen Sternkarten von Flamsteed im Sinne hatte. Die Bodeschen Sternbilder entwarf der Künstler Daniel Berger. Dabei gab es gelegentlich Platzprobleme, z. B. musste er Andromeda mit zusammengeklappten Flügeln darstellen. Es war sogar mit ganz unastronomischen Nutzern zu rechnen. So hat sich Georg Christoph Lichtenberg aus den Doppelmayerschen Karten einen ins Männliche verrutschten Kopf der Cassiopeja ausgesucht, um das Göttinger Original Kunkel zu charakterisieren. Andere Benutzer werden gerade an den ephemeren Sternbildern ihr Vergnügen haben, die nur zeitweilig akzeptiert wurden (wie das Brandenburgische Szepter). Gerade durch sie lassen sich Sternkarten chronologisch einordnen.

Die vorliegende Wiedergabe ist nun wirklich eine der ersten Auflagen von 1782 und zwar von einer nicht kolorierten Version aus dem Besitz der ehemaligen Kurpfälzischen Sternwarte in Mannheim, deren Nachfolgerin heute die Landessternwarte Heidelberg ist. Es fehlen lediglich die Tabellen (u. a. mit den Sternkoordinaten), eine durchaus akzeptable Entscheidung. Die farbige Reproduktion erschien mir seinerzeit oft etwas zu bunt, schon insofern gefällt mir die gegenwärtige besser. Das fast deckende Gelb für die Sterne in der kolorierten Version machte die Erkennung der abgestuften Sternsymbole zuweilen schwierig. Kurzum, was Bode, der bereits ab 1768 Sternkarten für Amateure herausgebracht hatte, mit seinem Atlas leisten wollte, wird am ehesten in der hier nun neu reproduzierten Ausgabe deutlich: Dem qualifizierten Liebhaber einen gediegenen Sternatlas zur Verfügung zu stellen, der gleichzeitig ästhetischen Ansprüchen genügt. Die Himmelsausschnitte der normalen Karten sind etwa 60°345° groß. Da die Karten die wichtigsten Sternbilder jeweils vollständig enthalten sollen, bilden die Blattgrenzen keine arithmetische Reihe. Zusätzlich gibt es noch Karten der Polgegenden und ein Spezialblatt mit teleskopischen Objekten: Sternhaufen und Nebeln.

Ein Interessent von heute kann sich über den Atlas auf den Internetseiten der Landessternwarte Heidelberg informieren (www.lsw.uni-heidelberg.de/foerderkreis/bode). Dort findet er auch die Tabellen und den Text der französischen Ausgabe. Im Vorwort erinnert Immo Appenzeller an die unausweichliche und ernüchternde Entwicklung von einem mythologischen Sternenhimmel zu reinen Zahlen-Katalogen von Stern-Koordinaten. Mir scheint, dass der kleine Bodesche Atlas auf diesem Wege den glücklichen Moment eines Gleichgewichts zwischen Phantasie und Realität repräsentiert. Wer daran Freude hat, sollte den Atlas erwerben - und darf sich noch zusätzlich darüber freuen, damit auch für den Förderkreis der Landessternwarte Heidelberg etwas Gutes zu tun.

Peter Brosche




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Th. Rivinius