Der Sternhimmel im Mai
Einstein und die Energiequelle der Sterne
Dr. Cecilia Scorza de Appl und Dr. Andreas Korn
Landessternwarte, Zentrum für Astronomie Heidelberg ZAH
Ruprecht-Karls-Universität
1. Himmelsüberblick für 23:00 Uhr
Der Wintersternhimmel hat nun endgültig Abschied genommen und den Frühlingssternbildern Platz gemacht. Tief am nordwestlichen Himmel ist das Sternbild Zwillinge mit den Sternen Kastor und Pollux noch zu erkennen. Auffallend strahlt dort der Ringplanet Saturn. Den Südhimmel nimmt jetzt das Frühlingsdreieck ein. Es wird gebildet von den hellen Sternen Arktur im Boote, Regulus im Löwen und Spica in der Jungfrau. Der größte von aller Planeten unserer Sonnensystems, Jupiter, strahlt in der Jungfrau. Südlich davon streckt sich die Nördliche Schlange, mit den Sternbildern Rabe und Becher. Zwischen Löwe und der Bärenhüter, strahlt das unauffällige Sternbild Haar der Berenice. In Nordosten treten langsam die Sommersternbilder Herkules, Schwan und Leier auf die Himmelsbühne.
2. Sternbild des Monats: Haar der Berenice
Das
Sternbild "Haar der Berenice" wurde erst 1551 offiziell zu
einem eigenständigen Sternbild erklärt. Zuvor gehörte
diese schöne Sternengruppe zum Sternbild Löwen.
Anderes
als die meinsten Sternbilder, deren geschichtlichen Ursprung mit der
griechischen Mythologie verbunden ist, liegt hier eine wahre
Begebenheit zugrunde. Berenice war eine große und berühmte
Reiterin, kampferfahren Frau, eine Heldin der Welt um 300 v.Chr. Sie
heiratete den Pharao Ptolemaios III von Ägypten. Dass er ihr
Bruder war, war damals Tradition. Ihn liebte sie über alles,
und stand an seine Seite als Kriegberaterin. Wenige Jahre später
zog der Pharao in den Krieg gegen Asien. Keine ungefährliche
Sache - und so gelobte Berenice den Göttern, dass sie ihr
schönes Haar abschneiden würde, wenn ihr Mann und Bruder
siegreich zurück ins Heimat käme. Ja - und so geschah es.
Sie hinterlegte ihr Haar auf den Altar ihrer Mutter, die Göttin
Aphrodite, in der Nähe des heutigen Assuan. Am nächsten Tag
waren die Zöpfe jedoch verschwunden. Man konnte es sich nicht
anders erklären, als dass das "Haar der Berenice" über
Nacht zu einem Sternbild geworden sei!
3. Mond- und Planetenlauf
Der Mond beginnt den Mai in der Phase des letzten Viertels, Neumond ist am 8., Vollmond am Abend des 23. Am 19. Mai gegen 23:00 Uhr steht Jupiter in der Jungfrau, knapp südlich der zunehmende Mond. Venus kann ab Mitte des Monats tief im Nordwesten kurz nach Sonnenuntergang gesehen werden. Sie ist jetzt Abendstern und wird des auch für den Rest des Jahres bleiben. Mars kann in den frühen Morgenstunden im Osten aufgefunden werden. Jupiter stand im letzten Monat im Gegenschein zur Sonne und kann auch im Mai noch fast die ganze Nacht beobachtet werden. Am Ende des Monats geht er allerdings schon gegen 3 Uhr unter. Mit Untergangszeiten nach Mitternacht kann Saturn in den Abendstunden gesehen werden.
Merkur bleibt diesen Monat unbeobachtbar, Uranus, Neptun und Pluto sind nur von ambitionierten Sternguckern mit entsprechenden Geräten auffindbar.
4. 100 Jahre E = mc2: Einstein und die Energiequelle der Sterne
Das Weltjahr der Physik 2005 ist gleichzeitig ein Gedenkjahr für Albert Einstein (1879 - 1955). Aber wir gedenken nicht so sehr seinen 50. Todestag, sondern vielmehr das Jahr 1905, in dem Einstein vier bahn brechende Publikationen schrieb, die unsere Sicht der Welt im Großen wie im Kleinen nachhaltig verändert haben. Eine dieser Publikationen hat die Äquivalenz von Masse (m) und Energie (E) zum Inhalt, die über die Lichtgeschwindigkeit (c) im Quadrat miteinander verknüpft sind.
In ebendiesem 1905 "Wunderjahr" verfasste der dänische Chemieingenieur Ejnar Hertzsprung (1873 - 1967) eine Arbeit zur Leuchtkraft der Sterne. Er und der Amerikaner Henry Norris Russell entdeckten unabhängig voneinander, dass die Leuchtkraft L eines Sterns mit seiner Oberflächentemperatur T zusammenhängt. Das war ein Hinweis darauf, dass zwischen diesen beiden Parametern ein physikalischer Zusammenhang besteht. Es stellte sich heraus, dass dieser physikalische Zusammenhang die Sternentwicklung ist! Jahrhunderte lang hatten Astronomen über das Leben der Sterne nachgedacht. Scheinen die Sterne ewig oder sterben sie? Wie verändern sie sich nach ihrer Geburt im Laufe der Zeit und wie sterben sie? Bis heute hat sich das sogenannte Hertzsprung-Russel-Diagramm (HR-Diagramm) als Rosetta-Stein der Stellarastronomie erwiesen. Seit dieser Entdeckung verstehen wir, welche Vorgänge das Leben der Sterne bestimmen, wie sie sich entwickeln und wie sie sterben.
Nun war in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts die wahre Energiequelle der Sterne, die Kernfusion, noch nicht bekannt. Man dachte, dass Sterne ihre Energie aus der Kontraktion gewannen. Demnach müsse sich jeder Stern von einem Riesen zu einem Zwerg entwickeln. Heute weiß man, dass die Sternentwicklung nach Zünden des nuklearen Feuers gerade umgekehrt verläuft: Nach der anfänglichen Kontraktion (der eigentlichen Sternwerdung) sind Sterne kompakt, um erst in einer späteren Entwicklungsphase zu Roten Riesen zu werden. Sterne machen in ihrem Leben unentwegt von Einsteins berühmter Formel Gebrauch: Bei den hohen Temperaturen in den Kernbereichen der Sterne bewegen sich die Gasteilchen extrem schnell. Wenn sie zusammenstoßen, bilden sie massereichere Kerne, wobei sie eine große Menge an Energie abgeben. Dieser Vorgang wird Kernfusion genannt. In einem Stern wie der Sonne fusionieren vier Wasserstoffkerne (vier Protonen) zu einem Heliumkern, der aus zwei Protonen und zwei Neutronen besteht. Der Heliumkern ist erstaunlicherweise leichter als zwei Protonen und zwei Neutronen: Er besitzt nur 99 % der gesamten Masse dieser vier Teilchen. Wir wissen heute, dass während des Fusionsvorgangs 1 % der Gesamtmasse von zwei Protonen und zwei Neutronen entsprechend der Einsteinschen Formel E = m c² in Energie umgewandelt wird. In jeder Sekunde fusioniert einen Stern wie die Sonne 500 Millionen Tonnen Wasserstoff zu Helium und "verliert" dabei pro Sekunde jeweils 5 Millionen Tonnen, die in Energie umgewandelt werden! Da die Sonne eine sehr große Masse besitzt (2 x 10³³ Gramm), stellt das überhaupt kein Problem dar! Mit Hertzsprungs Arbeit ist also 1905 auch ein Wunderjahr für die Astronomie geworden.
INFO
Die Astronomieschule für Kinder und Jugendliche an der Landessternwarte bietet Astronomieworkshops für Schulklassen, private Gruppen sowie Lehrerberatung für Schulprojekte an. Telefonische Vereinbarung vormittags und abends unter 06221- 21681 oder cecilia.appl@abenteuer-astronomie.de. Das Programm der Kurse und Angebote finden Sie unter http://www.abenteuer-astronomie.de
Führungen: Die Landessternwarte Heidelberg-Königstuhl bietet regelmäßige Führungen an, bei denen, gutes Wetter vorausgesetzt, Beobachtungen am Fernrohr durchgeführt werden. Näheres unter 06221- 541706 (zwischen 12:00 und 16:00 Uhr) oder unter http://www.lsw.uni-heidelberg.de