Der Sternhimmel im September
Mars dominiert immer noch das Firmament
Dr. Cecilia Scorza de Appl und Dr. Andreas Korn
Landessternwarte-Heidelberg
1. Himmelsüberblick
September ist ein guter Monat, um den Sternhimmel zu betrachten: Die Sonnenuntergänge sind merklich früher als im Hochsommer und die Nächte sind noch relativ warm, so dass man ohne große Ausstattung hinausgehen kann.
Der Himmel wird im Süden noch vom Sommerdreieck mit Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler dominiert, auch wenn dieses Dreieck etwas nach Westen gerückt ist. Östlich davon sehen wir noch das kleine, aber trotzdem markante Sternbild Delfin und südlich davon das Sternbild Wassermann, in dem sich zurzeit der Planet Mars befindet. Mars ist der Erde so nah wie nie zuvor, „nur“ knapp 56 Millionen km trennen uns von ihm.
Charakteristisch für den Herbsthimmel ist das Auftauchen der Sternbilder der Andromeda-Sage: Andromeda, Cassiopeia, Cepheus, Perseus und Cetus, die wir in der Oktober-Ausgabe ausführlich besprechen werden.
2. Sternbild des Monats: Leier
Griechischen Quellen zufolge war der
junge Arion ein sehr berühmter Sänger. Sein Gesang sei so
zauberhaft gewesen, dass er Bäche und Flüsse lenken konnte.
Nach einer langen Reise sehnte sich Arion so sehr nach seiner Heimat,
dass er ein Schiff bestieg, um nach Hause zurückzukehren. Mit
sich nahm er die viele Schätze, die er durch seine Kunst
verdient hatte. Kaum aber war die Küste außer Sichtweite,
umringten und bedrohten ihn die habgierigen Seeleute, die von den
Reichtümern wussten. Als ihr Anführer mit dem Schwert
ausholte, um Arion zu töten, bat dieser, ein letztes Lied singen
zu dürfen. Die Schurken willigten ein, und Arion ergriff seine
Leier. Bei dem Lied, das er nun anstimmte, glaubte man, den
Abschiedsgesang eines sterbenden Schwanes zu hören. Dieser
Gesang zog die untreuen Seeleute so in seinen Bann, dass sie darüber
einen Moment lang ihre bösen Absichten vergaßen. Der
Sänger nutzte ihre Unachtsamkeit und sprang ins Meer. Er
fürchtete, er würde ertrinken; doch wie durch ein Wunder
versank er nicht in den Wellen, sondern fand sich auf dem Rücken
eines Delfins wieder, der sein trauriges Lied gehört hatte.
Voller Dankbarkeit spielte der Sänger auf seiner Leier. Selbst
das Meer lauschte still seinem wunderschönen Gesang, bis der
Delfin Arion sicher ans Ufer gebracht hatte. Zur Erinnerung an seine
Kunst und an die wundersame Rettung erhoben die Götter Arions
Leier und den Delfin als Sternbilder an den Sommerhimmel.
3. Mond und Planeten
Der Mondlauf beschert uns diesen Monat Vollmond am Nachmittag des 10. und Neumond am Morgen des 26.
Merkur kann Ende des Monats für einige Tage tief am Osthimmel ab ca. 6 Uhr morgens gesehen werden.
Mars stand Ende August in Opposition zur Sonne und kann in der ersten Septemberhälfte weiterhin die ganze Nacht beobachtet werden. Ende des Monats geht er bereits vor 4 Uhr morgens unter.
Saturn kann Anfang des Monats ab etwa 2 Uhr morgens im Osten gefunden werden. Ende des Monats wird er bereits gegen Mitternacht sichtbar. Jupiter kann in der zweiten Monatshälfte am Morgenhimmel sehen, seine Winkeldistanz zur Sonne vergrößert sich stetig.
4. Wie weit sind 56 Millionen Kilometer?
Die Astronomen sind es gewohnt, mit großen Zahlen zu hantieren. Dies bedeutet aber nicht, dass sie tatsächlich eine Vorstellung davon haben, wie weit entfernt z.B. Mars dieser Tage ist. Da heißt es „nur 56 Millionen Kilometer“, aber niemand kann sich darunter so recht etwas vorstellen.
Wenn die gewaltigen Ausmaße des Weltalls die menschliche Vorstellungskraft übersteigen, hilft sich der Mensch, indem er sich ein Modell von der Wirklichkeit macht. Verkleinern wir also das Sonnensystem auf eine Größe, die uns allen geläufig ist. Wählen wir die Distanz Sonne – Pluto zu 200 Metern, so befindet sich die Erde etwa 5 Meter von der Sonne. Unser Mond ist mit einer Entfernung von 1 Zentimeter zum Greifen nah. Jupiter steht in 20 Metern Entfernung, zu Saturn sind es bereits 45 Meter, zu Neptun gar 150 Meter. Zwischen den Planeten gähnt die Leere des interplanetaren Raums.
In diesem Maßstab hat die Sonne einen Durchmesser von 5 Zentimetern, aber die terrestrischen Planeten fallen in den Submillimeter-Bereich. Blähen wir die Sonne auf 50 Zentimeter auf, so ist die Erde immerhin 4 Millimeter im Durchmesser, der Mond etwa stecknadelkopfgroß. Jupiter als größter Gasplanet schafft es auf immerhin 5 Zentimeter.
Ein solches Modell-Sonnensystem kann auf dem Gelände der Landessternwarte Heidelberg besichtigt werden.
Eine weitere Möglichkeit der Veranschaulichung bietet die Entfernungsangabe in Form von Lichtlaufzeit. So braucht das Sonnenlicht knapp 8 Minuten, um die Entfernung Sonne – Erde zurückzulegen. Bis die Photonen Pluto erreicht haben, sind bereits fünf Stunden vergangen. Zum nächsten Stern (Proxima Centauri) sind es schon (unvorstellbare) 4 Jahre Lichtlaufzeit.
Solche Modelle geben uns ein Gefühl dafür, wie es um die relativen Entfernungen und Größen im Sonnensystem bestellt ist. Mit diesem Wissen ist es ein Leichtes, im Zusammenhang mit der aktuellen Mars-Opposition von „nur 56 Millionen Kilometern“ zu sprechen.
Am Sonntag, den 14. September, öffnet die Landessternwarte Heidelberg (Königstuhl 12) von 10 bis 16 Uhr ihre Türen für Besucher. Dabei kann das Gelände des Institutes als Teil von Führungen besichtigt werden, und die Sonne beobachtet werden.
Im September besteht im Rahmen der regelmäßigen Abendführungen an der Landessternwarte die Möglichkeit, den Mars mit dem Fernrohr zu beobachten. Näheres unter 06221-509206 (zwischen 12 und 16 Uhr), oder unter http://www.lsw.uni-heidelberg.de. Die Autorin ist Astronomin und veranstaltet Kurse für Schulklassen im Astronomiezentrum „Abenteuer Astronomie“ an der Landessternwarte Heidelberg. Einzelheiten vormittags oder abends unter 06221-21681.